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«Fake-News im Hirn» oder «Glaube nicht alles, was du denkst.»

Dieser Blogbeitrag hat die Absicht, sich seiner Gedanken, Gedankengänge und den daraus resultierenden Gefühlen und Emotionen bewusst zu machen. Weiter bietet der Beitrag konkrete Schritte im Umgang mit selbstverletzenden und negativen Gedanken. Dass dieser Beitrag an vielen Stellen Themen nur anschneidet und andere Aspekte ganz ausser Acht lässt, ist in dieser Kurzform nicht vermeidbar.

Als ich das erste Mal dem Spruch «Glaube nicht alles, was du denkst» begegnet bin, realisierte ich erst im zweiten Moment, welche Tiefe ihm innewohnt. Seither hängt er bei mir Büro und ich bin immer wieder Zeuge davon, dass er Menschen in Bann zieht, die mein Büro betreten. Dieser Spruch ist zu einem grossen Schatz in allen Bereichen meines Lebens geworden, den ich mit dir teilen möchte.

Sind Denken und Glauben Synonyme?

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe denken und glauben oft genutzt, wie es gerade kommt und es wird munter hin und her gewechselt. «Ich denke, dass es morgen schön sein wird. Ich glaube, dass es morgen schön sein wird.» Das ist auch verständlich, denn beide Worte beschreiben eine «Aktion», welche im Kopf geschieht und welche wir bei uns selbst, ohne dass es jemand mitbekommt, beobachten können. Also könnte man von Synonymen sprechen.

Nun wage ich ein kleines Gedankenspiel. «Denk an einen pinken Pinguin.» In der Regel sehen alle nun einen pinken Pinguin vor ihrem geistigen Auge. Und nun: «glaub an einen pinken Pinguin.» Hier wird ein Unterschied spürbar. Ob man nun an den pinken Pinguin glauben möchte oder nicht, kann jeder selbst entscheiden. Beim Denken an den pinken Pinguin tu es (unser Hirn) dies von selbst. Im Falle von «glauben» entscheidet unser Hirn aufgrund unserer Erfahrungen und persönlichen Überzeugungen, ob es diesem oder jenem glauben möchte. Beim Denken geht es primär um den Gedankeninhalt (deshalb sehe ich den pinken Pinguin), während beim Glauben ein Entscheid über Gedankeninhalte im Zentrum steht.

Es ist ein klarer Unterschied ersichtlich zwischen Denken und Glauben, jedoch werden in unserem Alltag die beiden Worte in vielen Fällen synonym gebraucht. Doch mit dieser Differenzierung zwischen Denken und Glauben erschliesst sich erst die Kraft des Spruchs «Glaube nicht alles, was du denkst.»

Fake-News im Hirn und seine Auswirkungen

Nimm an, du kommst ins Sitzungszimmer zu zwei im Gespräch befindlichen Arbeitskollegen, die Sitzung startet in 5 Minuten. Der eine Arbeitskollege wendet sich vom anderen ab, dir zu und beginnt mit dir ein Gespräch über Gott und die Welt. Der andere steht abrupt mit angesäuertem Blick auf und verlässt den Raum.

Welche Gedanken kommen dir? «Was habe ich nun gemacht? War ich zu abrupt ins Zimmer getreten? Habe ich etwas falsch gemacht? Rieche ich nicht mehr so frisch? Ach, der muss wieder so tun, als ob er viel zu tun hätte. Ich Trottel, da bin ich wieder unvorsichtig gewesen! Hätte ich doch beide freundlich gegrüsst. usw.» In unserem Kopf entstehen Fragen und gleichzeitig geben wir uns Antworten. Viele Menschen sind dabei in ihren Antworten selbstkritisch bis selbstvernichtend oder sehen ihre Hypothesen bezüglich des Gegenübers bestätigt. Je stärker die Ausgangssituation emotional berührt, desto länger werden einem die Fragen und Antworten im Kopf beschäftigen.

Das negative Gedankenkarussell beginnt sich zu drehen und es ist ein leichtes sich auf das Karussell zu setzen und mit den Gedanken und den daraus entstehenden Gefühlen und Emotionen sich schlecht zu fühlen – wenn man sich genügend lange im Kreis dreht, kann es einem wirklich schlecht werden. Am Abend dürfen dann auch die Liebsten von den Kreiselgedanken «profitieren». Dies kann so weit gehen, dass man sich irgendwann selbst blockiert. Immer die gleichen Gedanken produzieren die gleichen Gefühle und diese negativen Gefühle erzeugen negative Gedanken. Dass sich unter einer solchen Gedanken-Flut auch Fake-News des Hirns befinden, ist fast unausweichlich. Die Frage lautet: «Wie kann ich diese Fake-News herausfiltern?»

Gelassenheit bringt dich weiter

Im Stress seine Gedanken zu sortieren ist eine grosse Herausforderung, da in diesem physiologischen Zustand dein Autonomes Nervensystem die Energie für andere Prozesse priorisiert. Es braucht in der Regel einen Moment der Gelassenheit und Entspannung, um hier einen Schritt weiterzukommen. Diese Momente finden normalerweise mit etwas zeitlichem Abstand zur Situation statt. Dabei stellt man sich vor, einen Schritt vom Karussell zurückzumachen und nicht mehr mitzudrehen, sondern es von aussen zu beobachten. Mir hilft es, wenn ich mir vorstelle, dass ich mit einem Drink im Liegestuhl am Meer liegend mir selbst zuschaue (mit viel Gelassenheit), dabei sehe ich mich von aussen. Gerne darf man sich dann zurücklehnen und das Schauspiel beobachten, wie es den Arbeitskollegen oder sich selbst fertig macht und eine riesige Story entwickelt. Gelingt dieser Kleine aber wichtig Schritt zurück, darf man sich gratulieren. Dies ist schon die halbe Miete.

Hat man dem Schauspiel genug zugeschaut, macht man sich daran seine Gedanken in zwei Gruppen zu sortieren: Wahrheit und Vermutung. Meist ist die Einteilung eine Sache von wenigen Sekunden. In der Tasse mit den Wahrheiten liegt kaum etwas und die Tonne mit den Vermutungen quillt fast über.

Folglich basieren fast alle Gedanken auf Vermutungen. Unter diesen Vermutungen sind zumeist etliche Fake-News (in der Regel Gedanken, welche negative Gefühle erzeugen). Diese sind meist mitbeteiligt für den Frust (wenn der kleine Schritt zurück nicht gelingt), den dann noch die Liebsten und viele weitere mitabbekommen, ohne dass sie eine Schuld daran tragen.

Einen Schritt zurück oder drinbleiben, der attraktivere Weg scheint offensichtlich, erfordert jedoch unsere Achtsamkeit. In einem nächsten Schritt entscheidet man, welchen Vermutungen man glauben möchte oder nicht. Vielleicht erzeugt man sogar noch einen neuen alternativen Gedanken als Gegenpol, um dann mit etwas Abstand zu entscheiden, was man glauben möchte.

Entspannung als Belohnung

Ich empfehle seine Gedanken, insbesondere jene mit Anschuldigungen gegen sich selbst, zu überprüfen – und wo? Beim Gegenüber! Ja, dies braucht Mut und Überwindung, doch der Gewinn ist meist um ein Vielfaches höher, als wenn man sich in seinem stillen Kämmerchen entscheidt, welchen Gedanken man glaubt oder nicht. Dazu braucht es Zeit und den richtigen Moment, um dies zu tun.

«Ich fühle gerade etwas Anspannung. Ich wollte dich etwas fragen,» beginne ich zumeist, «letztes Mal bei der Sitzung bist du abrupt aufgestanden und hast auf mich angesäuert gewirkt. Mein Kopf dachte damals, dass du wütend auf mich warst, weil ich dir deinen Gesprächspartner weggenommen habe, stimmt das?» Zentral finde ich dabei zwei Punkte in der Formulierung: Wie fühle ich mich jetzt gerade? Und «Mein Kopf dachte/denkt…» Durch das Gefühl zeigt man sich verletzlich und ehrlich. Durch die Formulierung «Mein Kopf denkt…» erhält dein Gegenüber das Signal, dass man sich seiner Gedanken bewusst ist und dieses Hirngespinst auch ablegen kann, falls es sich als unwahr herausstellt. Dies wiederum erleichtert dem Gegenüber die Wahrheit zu sagen. Das, was man dann zu hören bekommt, führt in fast allen Fällen zu Entspannung, die im ganzen Körper spürbar ist.

Meine Erfahrung ist, dass mein Hirn mir tonnenweise unwahrer Gedanken produziert. Jeder einzelne dieser Gedanken kann negative Gefühle auslösen, sofern er nicht aufgelöst wird (durch Nachfragen oder eigenes Aussortieren). Glaube nicht alles, was du denkst.

Deine Gedanken bestimmen dein Wohlbefinden

Ganz gratis ist es nicht mit dem Drink im Liegestuhl am Meer zu liegen und seinen Gedanken zuzuschauen. Es braucht ein Bewusstsein und eine regelmässige Übung, dass die neuronale Verbindung zu «Glaube nicht alles, was du denkst» genügend stark ist, so dass man in den richtigen Momenten auf diese Ressource zurückgreifen kann. Bei mir hängt der Spruch gut sichtbar im Büro. Sollte Nachfragen Neuland sein, dann empfehle ich dir, dass du dies als erstes bei guten Freunden probierst. Jede positive Erfahrung wird dich stärken und mutiger machen.

Bewusstsein, Übung, Mut und Überwindung sind zum Glück gratis und bei jedem angelegt. Also nutze sie und tu dir Gutes. Denn jeder negative Gedanken, den man auflösen kann, ist nicht nur weg, sondern erzeugt positive Gefühle und positive Gefühle erzeugen positive Gedan… ja, alles klar.

Ach ja, die Antwort deines Gegenübers hätte ich fast vergessen: «Ich musste nur dringend aufs Klo. Was, ich habe angesäuert ausgesehen? Spannend, danke für deine Rückmeldung, das war ich mir nicht bewusst.»